Projekt "Familienfreundlichkeit"
Die Stadt Herzberg möchte noch familienfreundlicher werden und hat sich daher für das Projekt „Familienfreundliche Städte und Gemeinden“ beworben. Ins Leben gerufen wurde das Projekt vom Institut für angewandte Familien-, Kindheits- und Jugendforschung an der Universität Potsdam (IFK e. V.). Außerdem wird es vom Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg gefördert.
Als nur eine von zwei brandenburgischen Kommunen wurde Herzberg als Modellort für das Projekt ausgewält.
Projektziel: Im Rahmen des Projekts werden Städte und Gemeinden bei der Entwicklung einer familienfreundlichen
Sozial- und Regionalplanung unterstützt.
Bei Fragen wenden Sie sich gern an die IFK und an die Stadt Herzberg (Elster), Ansprechpartnerin: Stephanie Kuntze, Tel.: 03535/482-210 oder 0173/7851173, E-Mail: , Sitz: Rathaus (1.OG, Zi.-Nr. 2.7).
Das Institut für angewandte Familien-, Kindheits- und Jugendforschung an der Universität Potsdam (IFK e.V.) ist eine unabhängige wissenschaftliche Einrichtung, die von einem gemein-nützigen Förderverein getragen wird. Der Zweck des Vereins besteht gemäß der Vereinssatzung in der Förderung von Wissenschaft und Forschung insbesondere durch die Durchführung wis-senschaftlicher Forschungsvorhaben auf dem Gebiet der Familien-, Kindheits- und Jugendfor-schung. Dem Satzungszweck des Schutzes von Familien entsprechend, entwickelt und evaluiert das IFK Forschungsvorhaben und Maßnahmen zur Förderung der Familienfreundlichkeit.
Die brandenburgischen Kommunen, gerade im ländlichen Raum, stehen vor besonderen demo-grafischen und gesellschaftlichen Herausforderungen. Dies erkennt auch die Landesregierung an und schreibt in ihrem Koalitionsvertrag fest, die zentralen Ergebnisse der Enquete-Kommis-sion „Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels“ zu berücksichtigen. Sie verschreibt sich somit u.a. der Stärkung einer leistungsfähigen sozialen Infrastruktur im ländlichen Raum. Das IFK möchte gemäß seines Satzungszweckes der Förde-rung der Familienfreundlichkeit die brandenburgischen Kommunen mit seiner sozialwissen-schaftlichen Expertise dabei unterstützen, sozialplanerische Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen, die den Aspekt der Familienfreundlichkeit auf besondere Weise berücksichtigen und dabei helfen, die Versorgungsstrukturen für Familien vor Ort bedarfsgerecht und familien-freundlich zu optimieren. Ein Schwerpunkt wird nicht zuletzt sein, die Kommunen dabei zu stärken, den langfristigen Auswirkungen der Corona-Pandemie für die Familien in ihrer Stadt konstruktiv zu begegnen und diese bei der Kommunalentwicklung zu berücksichtigen. Für die Sozialplanung gibt es keine unmittelbare gesetzliche Verpflichtung (ein Planungsauf-trag bzw. die Notwendigkeit ist aus STGB I § 1 ableitbar). Sie zählt damit zu den freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben in der kommunalen Sozialpolitik. Die zentrale Aufgabe der Sozi-alplanung besteht in der Ermittlung der Bedarfe in der Bevölkerung bzw. in den – nach der Lebenslage differenzierten – Bevölkerungsgruppen. Sie entwickelt vorausschauend soziale Un-terstützungssysteme und überprüft diese auf ihre Wirksamkeit. Mit der Sozialplanung wird die Möglichkeit geschaffen, frühzeitig und zielgerichtet Steuerungsmaßnahmen zu ergreifen. Sie ist somit ein wirksames Instrument gelingender Kommunalentwicklung. Üblicherweise ist die Aufgabe der Sozialplanung der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte zugeordnet. Einige aufstrebende Kommunen in Brandenburg haben es sich jedoch zur Aufgabe gemacht, sozialplanerisch tätig zu werden, um ihrem Auftrag der Daseinsvorsorge der Bürgerinnen und Bürger auf besondere Weise gerecht zu werden und die regionalen Lebensbe-dingungen zu verbessern. Hier möchte das IFK mit seiner fachlichen Expertise unterstützend tätig werden.
Die brandenburgischen Städte und Gemeinden unterscheiden sich hinsichtlich der Lebens- und Entwicklungsbedingungen, die sie Familien bieten. Neben der Größe und den durch den Landesentwicklungsplan zugewiesenen funktionalen Aufgaben werden diese Bedingungen auch durch die Entfernung zur Bundeshauptstadt Berlin beeinflusst. Möchte man brandenburgische Städte und Gemeinden bei der Entwicklung einer familienfreundlichen Sozialplanung unterstützen, wird ein übergreifendes Modell nicht ausreichen, um allen regionalen Bedingungen gerecht zu werden. Vielmehr wird man der Diversität Rechnung tragen und verschiedene Mo-dellversionen der Sozialplanung für unterschiedliche Typen von Städten und Gemeinden ent-wickeln müssen. Das Projekt „Familienfreundliche Städte und Gemeinden“ wird daher modell-haft zwei Kommunen begleiten, die sich in ihrer Struktur, Funktion und Hauptstadtnähe stark unterscheiden, und ausgehend von diesen Modellstädten die Übertragbarkeit auf weitere bran-denburgische Städte und Gemeinden prüfen. Die ausgewählten Städte sind Herzberg (Elster) und Kremmen.
Herzberg (Elster) ist eine im ländlichen Entwicklungsraum im Westen des Landkreises Elbe-Elster angesiedelte Kreisstadt. Sie bildet eines der drei Mittelzentren des Landkreises und hat rund 9.100 Einwohner. Die Stadt liegt 90 km südlich von Berlin am Rande des Landes Brandenburg und angrenzend an die Bundesländer Sachsen und Sachsen-Anhalt. Der massive Bevölkerungsschwund nach der Wiedervereinigung konnte in den letzten Jahren eingedämmt wer-den. Die Bevölkerung wird in Folge des demografischen Wandels jedoch insgesamt älter und die Anzahl an Personen im erwerbsfähigen Alter sinkt. Dies stellt die Stadt vor besondere Her-ausforderungen. Herzberg ist daher einerseits sehr bemüht, die Bedingungen, wie öffentliche Infrastrukturen, Straßen, Wege, Plätze und den Wohnraum an die Bedürfnisse von Seniorinnen und Senioren anzupassen. Andererseits unternimmt sie große Anstrengungen, ihre Attraktivität für Familien zu erhöhen, um u.a. „Rückkehrer“ in die ländliche Region zu locken (z.B. Online-Elternportal, Neugeborenen-Empfang, KomNet-QuaKi, Kita-Software, Nachwuchskräfteför-derung). Die Bürgerinnen und Bürger werden in die Gestaltungs- und Entscheidungsprozesse der Maßnahmen eingebunden. So richtete Herzberg im Rahmen seines Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes (INSEK) eine Online-Bürgerbefragungsplattform ein, um bei der Stadt-entwicklung die Meinungen und Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger berücksichtigen zu können. Auch im Rahmen ihres Projektes „Radeln in die Zukunft#Villa“ möchte die Stadt Bürgerinnen und Bürger aktiv in den Prozess mit einbeziehen und plant die Gründung eines Bürgerrates.
Das Projekt „Familienfreundliche Städte und Gemeinden“ hat zum Ziel, Kommunen bei ihrer Sozialplanung zu unterstützen und den Aspekt der Familienfreundlichkeit zu stärken. Ein zentrales Element der klassischen Sozialplanung ist die Bedarfserhebung. Es gilt demnach in einem ersten Schritt die familialen Lebens- und Entwicklungsbedingungen aufzuhellen und familien-spezifische Bedarfe zu ermitteln. Im zweiten Schritt sollen dann die Wirksamkeit von beste-henden Maßnahmen forschend aufgeklärt und neue Maßnahmen konzipiert und empfohlen werden, mit dem Ziel, die Familienfreundlichkeit zu erhöhen. Es werden zunächst modellhaft zwei regionale Einheiten sowie deren Strukturen und Perspektiven in den Blick genommen, um darauf aufbauend zu untersuchen, unter welchen Bedingungen die Modellmaßnahmen funktio-nieren und wie eine Übernahme auf andere Kommunen mit gleicher oder ähnlicher Struktur realisiert werden kann.
Für eine effektive Entwicklung von Maßnahmenempfehlungen werden die Ergebnisse der Recherche- und Analysephasen in einen wissenschaftlich begleiteten partizipativen Diskursprozess mit Vertretern der Modellorte sowie deren Bürgerinnen und Bürger überführt, z.B. in Form einer Ideenwerkstatt (als Präsenz- oder Onlineveranstaltung). In diesem Prozess müssen Entwicklungsziele und Entwicklungsaufgaben (SOLL-Zieldefinition) erarbeitet werden.
Aufbauend auf der Ermittlung der Basis-Parameter (IST-Situation) und der gemeinsamen Entwicklung der SOLL-Zieldefinition für die Modellorte werden empirisch begründete, passgenaue Maßnahmen zur Erreichung der Entwicklungsziele konzipiert. Diese Maßnahmenempfehlungen sollen Kremmen und Herzberg in die Lage versetzen, ihren Kommunalentwicklungsaufgaben wissenschaftlich fundiert nachkommen und die familienfreundlichen Strukturen nachhaltig optimieren zu können.